Memorandum
2015 Du sollst nicht töten!
Das 35. Kapitel des 4. Buches Mose enthält Bestimmungen über
das Töten mit Absicht und aus Versehen. Darin wird festgestellt, dass alle
Israeliten, die absichtlich einen Mord
begehen, dem Bluträcher verfallen und getötet werden müssen. Es spielt dabei
keine Rolle, welche Mittel und Werkzeuge der Mörder verwendet, entscheidend ist
nur seine Absicht, einen anderen Israeliten zu töten. Wenn das Töten aus Versehen geschieht, so hat
der Täter die Chance, sein Leben zu retten, wenn er in eine für diesen Zweck
bestimmte „Asylstadt“ flieht.
Wie aber verhält es sich mit dem Töten im Krieg, das ja auch
mit Absicht geschieht, und in dem ungleich viel mehr Menschen getötet werden als bei privaten
Morden? Diese Frage wird nirgends in der Tora erörtert. Das Töten im Rahmen
eines Kriegszugs gilt nicht als Mord. Dem entsprechend lautet das 5. Gebot in
neueren Bibelübersetzungen auch nicht: „Du sollst nicht töten“, sondern: „Du
sollst nicht morden.“
Bis heute scheint das Töten im Krieg erlaubt zu sein. Es
gilt jedenfalls nicht als Mord. Wann hätte je eine Regierung ihre Soldaten als
Mörder bezeichnet?
In konkreten Fällen pflegt man dann nach bestimmten
Kriterien zu entscheiden. In der kasuistischen Diskussion wird das Gebot meist
abgeschwächt. Es ist dann oft vom Dilemma die Rede, oder von der ultima ratio,
oder dass die kriegerische Gewalt wenigstens eingehegt werden soll, oder dass wir so oder so schuldig werden.
Damit bleibt alles beim Alten. Das Töten im Krieg wird als unvermeidlich
angesehen, und von allen Nationen mit der Aufstellung ihrer Armeen vorbereitet.
Als Glied der christlichen Kirche bin ich gewiss, dass Gottes Gebot „Du sollst nicht töten“
auch und vor allem auf das Töten im Krieg anzuwenden ist. Wie Jesus die Nächstenliebe auch auf die Feindesliebe ausweitet, so das
Tötungsverbot in der Tora auch für das Töten im Krieg. Wenn die christliche
Kirche auf Jesus Christus hört, muss sie den Regierungen widersprechen, die mit
der Aufstellung ihrer Armeen das gezielte Töten von Mitmenschen vorbereiten.
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